Chinesische Schriftzeichen und Dialekte
Viele Übersetzungsagenturen differenzieren in diesem Zusammenhang lediglich zwischen „kantonesischem Dialekt“ und „Mandarin-Dialekt“. Allerdings ist dies eine viel zu starke Vereinfachung, was dazu führen kann, dass das falsche Format oder der falsche Stil gewählt werden.
Chinesisch ist in seiner geschriebenen Form eine Bildsprache, d. h. jedes Schriftzeichen steht vielmehr für ein Wort als für einen Laut. Mit nur wenigen Ausnahmen haben die Schriftzeichen für alle Leser die gleiche Bedeutung, wobei die Aussprache jedoch von Dialekt zu Dialekt variiert. Bis zur Gründung der Volksrepublik gab es nur eine Silbenschrift bzw. einen Zeichensatz für die Schriftsprache. In den späten 1950er Jahren reformierte die chinesische Regierung die Schriftsprache und führte einen vereinfachten Zeichensatz ein, dessen Nutzung landesweit vorgeschrieben wurde. Singapur tat es 1976 gleich. Daher existieren heute zwei Zeichensätze:
Vereinfachte Schriftzeichen finden hauptsächlich in Festland-China, Singapur sowie zunehmend in Malaysia und der chinesischen Diaspora Verwendung.
Traditionelle Schriftzeichen werden v. a. in Hongkong, Macao und Taiwan sowie in erheblichem Maße, wenn auch immer seltener, in südostasiatischen Ländern mit hoher chinesischer Einwohnerzahl und in chinesischen Auslandsgemeinschaften in der restlichen Welt verwendet. Auch wenn dies eigentlich falsch ist, bezeichnen viele Übersetzungsagenturen „Mandarin“ als traditionell und „Kantonesisch“ als vereinfacht. Vereinfachtes Chinesisch wird auch GB genannt – der technische Name für die Zeichenkodierung – während traditionelles Chinesisch in diesem Kontext als BIG5 bezeichnet wird.
Wann vereinfachtes und traditionelles Chinesisches verwendet wird:
Vereinfachtes Chinesisch:
- China (Festland)
- Singapur
- Kommunikation zwischen Regierungen, insbesondere auf internationaler Ebene (außer eine taiwanische Behörde ist der Sender bzw. Empfänger der Nachricht)
- Dokumente der Vereinten Nationen und zugehörigen Stellen
Traditionelles Chinesisch:
- Hongkong
- Macao
- Taiwan
- Malaysia1
- Südostasiatische Länder (außer Singapur)
- Im Ausland lebende chinesische Gemeinschaften2
1 – In Malaysia wurde bislang kein formeller Standard eingeführt. Drei der vier führenden chinesischen Tageszeitungen im Land werden in traditionellem Chinesisch gedruckt. Aufgrund der Nähe zu Singapur werden auf dem Markt jedoch beide Zeichensätze akzeptiert. Überprüfen Sie daher bitte genau die Zielgruppe Ihrer Übersetzung, wenn Sie den Zeichensatz für diesen Markt wählen.
2 – Auch wenn traditionelle chinesische Schriftzeichen in den meisten im Ausland chinesischen Gemeinschaften übernommen wurden, macht sich die starke Immigration im Verlauf der letzten 20 Jahre von Festland-China in diese Gemeinschaften stärker denn je bemerkbar. Mehrere Provinz- und Landesregierungen haben begonnen, ihre Ankündigungen und andere Mitteilungen in vereinfachtem und traditionellem Chinesisch zu veröffentlichen, oder wechseln sogar ausschließlich zu vereinfachtem Chinesisch. Wenn sich Ihr Text an eine chinesische Zielgruppe außerhalb Großchinas richtet, überprüfen Sie, welcher Zeichensatz in der von Ihnen angesprochenen Bevölkerungsgruppe häufiger Gebrauch findet.